Musik fürs Auge

Auch wenn sich in den letzten zwei Wochen in Berlin fast alles um die Berlinale und den Goldenen Bären drehte, wer ein bisschen abseits vom Massen- und Medientrubel die Augen offen hielt, konnte auch was Filmisches für die Ohren entdecken. Die DIRECTOR’S LOUNGE präsentiert alljährlich parallel zum klassischen Film-Festival einige fein kuratierte Programme, die sich dem bewegten Bild mit einem breiten Spektrum und Verständnis von Medienkunst widmen. Und eins dieser Programme hat dieses Jahr dem wundervollen Genre des Musikvideos eine kleine Hommage gewidmet.

FARBRAUSCH hieß das einstündige Clip-Programm, das unter dem programmatischen Titel hochwertige Stücke vorwiegend elektronischer Klangkunst arrangierte, die von psychedelisch-halluzinogenen Animationen über avantgardistisch-abstrakte Videokunst bis hin zu modernster Digital Art ein regenbogenfarbiges Spektrum der aktuellen Szene zeichnete. Kuratiert wurde FARBRAUSCH von Wiktoria Pelzer aus Wien, die das elftägige Programm der DIRECTOR’S LOUNGE damit um eine musikalische Facette bereicherte.

Schon Kandinsky und die klassische Avantgarde suchten in der Verschmelzung von abstrakter Malerei und moderner Musik beide Kunstgattungen in einer kognitiv-symbolischen Symbiose auf einer höheren Bedeutungsebene zu vereinen, und die Entwicklung des Tonfilms näherte sich dieser Synästhesie von ihrer emotional-narrativen Seite. Der zeitgenössische Videoclip mag zwar selten mit einem solch theoretischen Anspruch daher kommen, nichtsdestotrotz sind wirklich kreative und gelungene Musikfilme Raritäten. Umso mehr beweist die leidenschaftliche Kurzfilm- und Musikvideosammlerin Pelzer mit ihrer gekonnten Auswahl für FARBRAUSCH, dass gemalte Musik nicht nur visuelle Vorstellungskraft, sondern vor allem viel Ahnung von Rhythmus, Harmonie und Melodie bedarf. Am deutlichsten wird dies, wenn man sich die Beiträge einfach mal ohne Musik ansieht oder ohne Video anhört (zumindest wenn man, wie die Rezensentin, beim akustischen Konsum nicht ohnehin dominant elektroaffin ist) – ist irgendwie nur halb so gut. Deshalb also ausnahmsweise im Namen einer Musikredaktion: Film ab!

Programmauswahl:

Irina Dakeva: Baby I’m Yours – BREAKBOT FEAT. IRFANE, 2010
Jul & Mat: On The Motorway – METRONOMY, 2010
Anthony Schepperd: The Music Scene – BLOCKHEAD, 2010
Anthony Seck: 1234 – FEIST, 2007
Andreas Hykade: Love and Theft – HEIKO MAILE, 2010
*FIELD*: Ariel – STATELESS, 2010
Michel Gondry: Declare Independence – BJÖRK, 2009
Kristofer Ström: Animals – MINILOGUE, 2008
Roel Wouters: zZz is playing – ZZZ, 2007

Alle ausgewählten clips sind auf youtube zu finden.

(Diese Rezension erschien zuerst auf Popmonitor.berlin.)

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FARBRAUSCH | curated by Wiktoria Pelzer
director’s lounge 2011
19. Februar 2011 im Pfefferberg

www.directorslounge.com

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