Ein Fest der Sinne

Als „psych dream pop band“ bezeichnen sich TAME IMPALA selbst. Dem bleiben nur Adjektive hinzuzufügen wie: großartige, hypnotische, kreative, packende. Das ist ja heute auch ein Allgemeinplatz und weder mehr nennenswert, noch gar ein Minderwertigkeitskriterium – dass alles irgendwie schon einmal da war. Und Zitate sind schließlich keine Plagiate (was fast jeder weiß). Insofern trübt also das Echo der Einflüsse von TAME IMPALA in keiner Weise deren hochfeile Kunst: THE BYRDS, JEFFERSON AIRPLANE, CREAM, KING CRIMSON und sogar die BEATLES von Sgt. Pepper’s.

Man muss nicht immer neu machen, was sich bewährt hat, vor allem wenn man es so gut kann wie die drei (live vier) Jungs aus Australien. Wer es noch genauer will: die Rede ist vom klassichen Orange-Amp und Vox-Sound, Effekte über Small Stone und Dynacomp zu Big Muff, analoge 70s-Synthesizer, Fender-Tunes etc. Das klingt nach retro-USA, das ist aber ebensogut in Berlin oder draußen im Wald oder in der Badewanne mit Kopf unter Wasser. Letzteres sollte man übrigens durchaus mal bei jeder basslastigen Band genießen. Raum und Zeit gehen flöten, solange man TAME IMPALA lauscht.

Und man kann es sich ja durchaus noch wünschen, mal wieder live in den Geschmack von ausufernden Jam-Sessions und Akustiknebelwänden zu kommen. Rar ist sie geworden, die Musik, bei der die Bassline die Organe sanft zum Vibrieren bringt, die Gesangsmelodie als bunte Farbfläche durch den Gehörgang schwebt und der treibende Beat zum hypnotischen Mitschwingen drängt. Gedankenverloren zwischen gestern, heute und nirgendwo – selten ist Orientierungslosigkeit so beruhigend wie beim Hören von TAME IMPALA. Ein Zeitloch im zeitgenössischen Alltag, das nicht in Sentimentalität abrutscht und auch nicht anachronistisch wirkt – ein kleines Refugium für die psychedelische Phantasie. Ob man den Rausch mit 70er-Jahre-Drogen oder nüchtern erlebt, bleibt bei dieser packenden Sinnesvermischung gleich – nur verpassen sollte man das Klangerlebnis auf keinen Fall.

(Diese Rezension erschien zuerst auf Popmonitor.berlin.)

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TAME IMPALA
Freitag, 17. Juni 2011, 21 Uhr
Festsaal Kreuzberg, Berlin
VVK: ab 15 Euro zzgl. Gebühren

www.tameimpala.com
www.modularpeople.com
www.festsaal-kreuzberg.de
www.loft.de

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